Kolumbien - Land im Zwiespalt und der Gegensätze
 Kolumbien -Land im Zwiespalt und der Gegensätze  

Wayuu

In der Wüste von La Guajira nahe der kolumbianischen und venezolanischen Grenze, ist eine traditionelle, historische, indigene Gemeinschaft, die als die Menschen der Sonne, des Sandes und des Windes bekannt sind, zu hause. Die Wayuu (auf Spanisch Wayú) oder Guajiro sind ein zu den Arawak zählendes indigenes Volk in Südamerika.

Die Wayuu-Sprache (auch: Goajiro, Goaxiro oder Wayuunaiki)(1,2)gehört zu den Arawak-Sprachen und wird in Venezuela und Kolumbien von knapp 700.000 Menschen gesprochen. Sie ist in verschiedene Dialekte unterteilt, je nach Wohngebiet.

Cabo de la Vela, Autor

Hauptsächlich leben sie auf ihrem historisch angestammten Siedlungsgebiet der Halbinsel La Guajira. Der Wayuu-Stamm besetzt 4.800 Quadratmeilen (10.800 Quadratkilometer) innerhalb der Wüste, die ein großes Gebiet in Kolumbien und in Venezuela abdeckt. Im Jahr 1997 gab es in der kolumbianischen Region etwa 144.000 Personen, und im Jahr 2001 waren es 294.000 in der venezolanischen Region. Es werden aber auch Gebiete an der Sierra Nevada de Santa Marta und der Sierra de Perija bewohnt

Landchaft am Meer Jepira, aus Magic Tour Colombia

Die Wayuu lebten zunächst im Bereich der heutigen Guayanas, von wo sie vertrieben wurden. Auf der Halbinsel La Guajira angekommen, stellten sie ihre bisherige Wirtschaftsweise um. Klimatisch bedingt wurde der alleinige Ackerbau durch Jagen, Sammeln und Fischen ergänzt. Eine weitere kulturelle Umstellung erfolgte durch die europäische Eroberung im 16. Jahrhundert. Der Italiener Amerigo Vespucci betrat 1500 als erster Europäer die Ostseite der Guajira-Halbinsel.(3) Ein paar Jahre später entdeckten spanische Seefahrer an der Westseite der Halbinsel, am Cabo de La Vela, Perlenbänke. Das Capo de la Vela, genannt Jepira, es ist eine heilige Stätte, die mit der letzten Reise der Geister in Verbindung steht.

Zu deren wirtschaftlicher Erschließung wurden Sklaven aus der Karibik eingeschifft,(4) aber auch Wayuu wurden als Perlentaucher versklavt.(5)Neben der Arbeit als Perlenfischer, sowohl versklavt als auch frei, wurde die Wirtschaftsweise der Wayuu durch die Übernahme der Viehhaltung der Spanier ein weiteres Mal verändert. Kühe, Ziegen und Pferde wurden gezüchtet sowie Handel mit den spanischen Eroberern,(6) aber auch mit anderen Seefahrernationen getrieben. Holländer, Franzosen und Engländer, mit den Spaniern verfeindet, lieferten Werkzeuge, und Waffen Sie setzten sich bis weit in das 18 Jahrhundert erfolgreich gegen die spanischen Eroberer zur Wehr. Die Wayuu lernten Feuerwaffen zu benutze und auf Pferden zu reiten. Im Jahr 1718 sagte Gouverneur Soto de Herrera, dass die Wayuu-Stämme "Barbaren, Pferdediebe, würdig des Todes, ohne Gott, Gesetz oder König" seien. Im Verlaufe der Auseinandersetzung nahmen die Spanier eine kleine Anzahl der Wayuu gefangen und zwangen sie, die Stadtmauer von Cartagena zu bauen, um sie vor den ständigen Piratenangriffen zu schützen.

Manuare Ortsrand, Autor

Weiteren Einfluss versuchten die katholischen Missionen auszuüben, die ab dem 17.Jahrhundert unter anderem in Nazaret, Manaure und Maicao gegründet wurden (7) Große Resonanz fanden sie allerdings nicht. Heute sind es meist nur Ruinen. Der Erfolg der größten Missionsschule in Nazaret ist Errichtung eines Gemüsebetriebs auf dessen Ruinen. (11)Während der Unabhängigkeitskämpe in Kolumbien und Venezuela kämpften die Wayuu-Stämme für ihre Rechte in ihrer Heimat bleiben zu dürfen.  Aufgrund ihrer Wüste und deren rauen Umwelt haben sie sich durchgesetzt können,  Heutzutage sind die Wayuu hauptsächlich Viehzüchter und dadurch wirtschaftlich in den kolumbianischen oder venezolanischen Markt integriert. Viele Wayuu arbeiten aber auch in der Ölindustrie. Die Wayuu leben auch heute noch in matrilinearen Großfamilien (Mütterlinien).

Hütte Rancherías in der Nähe non Cabo de la Vela, Autor

Die Wayuu leben verstreut über die Halbinsel in kleinen Ansiedlungen  mit bis zu 250 Personen.  In einer Siedlung finden sich fünf bis sechs Häuser, die zusammen ein Großhaus bilden. Die einzelnen Siedlungen sind meist weit voneinander entfernt, um gegenseitige Konkurrenz um Anbau- und Weideflächen zu vermeiden. Sie leben vorwiegend in Hütten mit dem Namen rancherías aus Kaktus- oder Palmblatt-Strohdächern, yotojoro (Schlamm, Heu oder getrockneter Rohrstock) Wände mit einfachen Möbeln, darunter Hängematten zum Schlafen und ein kleine Feuergrube zum Kochen. Heute werden zunehmend Materialien wie Zement und Zink verwendet. 

Hütte Gemeindehaus aus news.un.org

Jede Gemeinde hat einen Gemeinschaftsraum, der Luma oder Enramada. Das ist normalerweise ein offener Bereich mit Säulen, um ein flaches, gedecktes Dach zu halten. Diese Bereiche werden für gesellschaftliche Veranstaltungen, Besucher und Geschäftstreffen genutzt. Der Wayuu-Stamm ist einzigartig in der Tatsache, dass die Frauen des Haushalts die Häuser besitzen und die Familien leiten, während die Väter mit den Tieren und dem Land arbeiten.

Junge auf Hängematte Wohnraum aus delfineblast

Die Wayuu sind nach der Linie der Mutter organisiert (matrilinear). Alle mutterseitigen Verwandten werden als Angehörige einer Großfamilie (Lineage) angesehen. Alle Lineages einer gemeinsamen weiblichen Linie gehören einem Clan an. Nur von der Mutter wird der Name als Zeichen der Clanzugehörigkeit an ihre Kinder weitergegeben. Jeder Clan wird mit einem Ahnentier mythologischen Ursprungs assoziiert. Heute bestehen rund 30 Clans, die über die gesamte Halbinsel verteilt leben. In den Siedlungen wohnen jeweils Angehörige verschiedener Clans. (8) Geheiratet wird nur zwischen den verschiedenen Clans (exogam), nicht innerhalb des eigenen. In den Ehen herrscht Polygamie vor. Ein Mann kann mehrere Frauen heiraten, was als Zeichen des Wohlstands betrachtet wird. (8)

Eine große Bedeutung fällt dem Bruder der Mutter zu, der zu Lebzeiten und nach seinem Tod den ältesten Sohn seiner Schwester (Neffen) finanziell unterstützt, zum Beispiel bei der Bezahlung des Brautpreises. Andersherum wird der Mutterbruder von der ältesten Tochter der Schwester (seine Nichte) finanziell unterstützt, indem er das Brautgeld für sie empfängt, wenn sie heiratet. (9) Der Bruder der Mutter gilt als Onkel, mitverantwortlich für die Erziehung seiner Nichten und Neffen, muss aber auch für deren Vergehen einstehen

Nähe Suptaru, Foto Autor

Auf den Ackerflächen nahe der Siedlung werden in der Regenzeit Maniok, Wassermelonen, Mais und verschiedene Bohnenarten kultiviert und verschiedene Früchte gesammelt. Das Wirtschaften mit Fruchtfolge und brachliegenden Flächen ist unbekannt. Stattdessen werden bestimmte Pflanzen verbrannt, deren Asche die Bodenfruchtbarkeit steigert. Die Hauptwirtschaftsweise besteht aus der Haltung und Zucht von Pferden, Ziegen, Maultieren, Kühen, Schweinen, Schafen und Hühnern. Fleisch wird meist nur zu besonderen Anlässen verzehrt, eher wird das Vieh verkauft oder als Transportmittel genutzt. Die Menge des Viehs gibt Auskunft über den sozialen Status. Mit dem Vieh wird die Braut bezahlt oder bei einem Streit Entschädigungen geleistet. Um Vieh zu verkaufen, werden Märkte in Uriba, Riohacha, Maicao und Paraguaipoa besucht.

Salzpyramide Salzgewinnung Foto Dominik Amstutz

Auch werden dort handwerklich hergestellte Produkte wie Hängematten oder gewebte Taschen angeboten. Mit dem verdienten Geld werden Güter wie Zucker, Kaffee, Waffen, Werkzeuge etc. gekauft. Zwar wird an den Küsten noch gefischt und teilweise verschiedene Wild- und Vogelarten sowie Hasen gejagt, doch spielen diese beiden Wirtschaftszweige eine untergeordnete Rolle. Eine weitere Einkommensmöglichkeit, vor allem während der Trockenzeit, ist der Salzabbau und -handel, der bereits vor Ankunft der Spanier begann. Seit Ende der 1960er Jahre wurde der Abbau dem Institut zur Industrieentwicklung (IFI) übertragen, das mechanische Abbaumethoden anwendet und somit den handarbeitlichen Abbau der Wayuu stark einschränkt.  Andere Einkommensmöglichkeiten finden sich vor allem in der Nähe von oder in Städten, wobei Männer oft bei Baufirmen oder als Lastkraftwagenfahrer arbeiten, während Frauen als Haushaltshilfen eingestellt werden, meist jedoch keine Anstellung als Fachkraft erhalten.

Frau häkelt eine Tasche, Bild von Rafael Socarras auf Pixabay

Das Kunsthandwerk hat einen hohen Stellenwert in der Wayuu-Kultur. Letztere kommt in Mythen, Übergangsriten und Bräuchen zum Ausdruck. Eine Wayuu-Tasche wird mit drei Techniken kreiert, Weben, Knüpfen und Crochet-Häkeln, wobei das Häkeln relativ innovativ ist. (9) In der Kultur der Wayuu häkeln die Frauen die Taschen als Sozialisierungsinstrument, um sich weibliche Tugenden wie Perfektionismus und Geduld einzuprägen. Seit die Taschen Absatz gefunden haben, lassen Zwischenhändler sie mit doppeltem Faden produzieren, was einen Qualitätsverfall des Produkts zur Folge hat. Die Erstellungsdauer verringert sich von 3 Wochen auf 3 Tage, die Muster werden ungenau und die Maschen locker. Bei Taschen aus zwei Fäden braucht es nur 1,5 Stiche, um einen Zentimeter zu häkeln. Somit benötigen jene Taschen, die mit zwei Maschen gefertigt werden, nur ein Drittel des Zeitaufwandes.

Die Geburt eines Kindes findet im eigenen Haus statt und wird von der Mutter der Frau oder einem anderen nahen Verwandten begleitet. In den ersten Lebensjahren werden Kinder von der Mutter aufgezogen, anschließend verbringen Jungen eine Zeit beim Onkel mütterlicherseits, während Mädchen von einer weiblichen Verwandten aufgezogen werden.(10) Im Alter von sechs Jahren lernen die Kinder erste kleine Aufgaben in Haushalt oder bei der Acker- und Vieharbeit zu erledigen.(11)

Mädchen beim häkeln Mädchen, Bild von Rafael Socarras auf Pixabay

Beim Übergang von Pubertät zu Erwachsenenalter durchleben Mädchen einen speziellen Übergangsritus; bei Jungen findet hingegen kein Fest o.ä. statt. Mädchen werden zu Beginn der ersten Menstruation vom Rest der Familie abgesondert und müssen mehrere Monate (geringer sozialer Status) bis sogar Jahre (hoher sozialer Status) in einem abgetrennten Teil des Hauses verbringen.(12) Während dieser Zeit werden sie, von weiblichen Verwandten, in Aufgaben wie Spinnen und Weben unterrichtet, außerdem werden Verhütungsmethoden und erotische Techniken besprochen.

 

Zu Beginn dieser Zeit werden die Haare des Mädchens geschnitten, und nur Familienmitglieder sowie potenzielle Ehemänner dürfen das Mädchen sehen. Nach Ende der Übergangszeit gilt das Mädchen als Frau im heiratsfähigen Alter. Eine Feier wird abgehalten, bei der sie ihre „Erwachsenenkleidung“ anziehen darf. Heiratswillige schicken nun ihren Vater oder Onkel zur Familie der Braut, die den Braurpreis, meist in Vieh bezahlt, festsetzt. Vernachlässigt eine Frau ihre häuslichen Pflichten, kann sich der Mann von ihr scheiden lassen, wobei der Brautpreis an ihn zurückbezahlt wird. Stirbt der Mann, so gehen alle Frauen an seinen Bruder über; eine Frau kann sich auch freikaufen, indem sie dem Bruder ihren Brautpreis zahlt.

Wanülü

Bei den Wayuu fungiert der Medizinmann beziehungsweise Geisterbeschwörer hauptsächlich als Heiler. Er ist bevorteilt mit Kontakt zum Hilfsgeist Wanülü, der Informationen zu Krankheiten und deren Heilung vermittelt.(13) Wanülü hat im Alltag jedoch andere Eigenschaften, wie unten erkenntlich wird. Zwar sind Medizinleute beiderlei Geschlechts, doch gibt es mehr weibliche Heiler. Um Geisterbeschwörer zu werden, wird der Initiand von einem anderen Geisterbeschwörer unterrichtet und muss ihn dafür mit Vieh bezahlen. Ist die Lehrzeit abgeschlossen, findet die Initiation in einer öffentlichen Feier statt, bei der der Hilfsgeist in den Körper des Novizen fährt.

Bild Mayui und Ulapule, die transformierenden Zwillinge, Alba Zero

Ebenso hat Pulowi mehrere Bedeutungen, die je nach Kontext unterschieden werden müssen. So können Pulowi neben dem übernatürlichen Wesen auch Orte sein, an denen Unglücke passieren.(14) Pulowi und Juya formen Gegensätze wie Licht-Dunkel, oben-unten, Wildpflanzen-Ackerpflanzen oder starr-beweglich. Wanülü und Yoluja sind weitere übernatürliche Wesen, die eng mit der Seele (A’in) eines Menschen in Verbindung stehen. Wanülü ist verantwortlich für Erkrankungen und Verletzungen, die dann von einem Geisterbeschwörer behandelt werden müssen. Oft wird er als Wesen gesehen, das Jagd auf Menschen macht und sie dabei verletzt. In einem solchen Fall wurde A’in, auch als das physische Herz vom Rest des Körpers getrennt gesehen.

Bergspitze am Capo de la Vela

Der Tod ist als die dauerhafte Trennung beider zu verstehen.  Bei den Wayuu existiert die Vorstellung, dass mit dem Tod der Lebenszyklus noch nicht abgeschlossen ist,stattdessen findet eine Reise ins Land der Seelen der Toten (Jepira) statt. Die Seelen der Toten können mit den Lebenden kommunizieren, sie erscheinen dann in Gestalt (Yoluja) oder in Träumen. Eine Begegnung mit einem Yoluja wird als schlecht betrachtet, da sie als Verbindung zu Jepira gilt. Der mythische Ort Jepira findet realen Ortsbezug am Cabo de la Vela, genauer einer einzelnen Bergspitze, die aus der Ebene herausragt. 

Stirbt ein Wayuu, verlässt die Seele seinen Körper und reist nach Jepira; der Leichnam wird beerdigt. Der Tote wird nach Erreichen Jepiras ein Yoluja, ein kürzlich Verstorbener, mit dem noch Kontakt aufgenommen werden kann. Nach ein paar Jahren wird der Leichnam exhumiert und die Knochen dem Friedhof der lokal-matrilinearen Verwandtschaft beigesetzt.  Dies beruht auf der Vorstellung, dass sich diese Verwandten im Jenseits wiedertreffen werden.(40) Nachdem das zweite Begräbnis stattfindet, verwandelt sich der Yoluja in einen anonymen Wanülü, zu dem der Kontakt nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Perrin hält fest, dass dies wahrscheinlich deshalb geschieht „um die Hoffnung zu nähren, dass die lokal-matrilinearen Ahnen ewiglich erhalten bleiben wird“.(15)

Die Wayuu-Leute sind Diskriminierung und Ausgrenzung sowohl von der kolumbianischen als auch von der venezolanischen Regierung ausgesetzt, die ihnen ihre Rechte und Rohstoffe aus ihrem Land nehmen. Jedoch hat jede Gemeinde ihre eigene Regierung und ist frei von kolumbianischen und venezolanischen Gesetzen. Im Januar 2009 äußerte das Flüchtlingskommissariat der vereinten Nation (UNHCR) seine Besorgnis über die zunehmende Gewalt gegen die Wayuu und andere indigene Gemeinden in La Guajira im Nordosten Kolumbiens und forderte Kolumbien auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die indigene Bevölkerung vor Gewalt und gewaltsamer Vertreibung zu schützen. 

Aktivistin Aura Esther García Peñalver

Im Zusammenhang mit der zunehmenden Reorganisation von illegalen bewaffneten Gruppen, die die Kontrolle über das Gebiet erstreben, das reich an Salz und wichtig für den Drogenhandel nach Venezuela und die Karibik ist, sind die Wayuu einer zunehmenden Zahl von gezielten Morden, Todesdrohungen, Einschüchterungen, Erpressung und gewaltsamer Vertreibung ausgesetzt.

 

So wurde in der Nacht vom 31. März 2021 die Aktivistin Aura Esther García Peñalver in der Gemeinde Uribia im Departamento La Guajira ermordet. Sie hatte seit dem 15. März Todesdrohungen erhalten. Ihre Anfrage auf Schutzmaßnahmen wurde von Seiten des Staates nicht beachtet.

Foto: SANDRA GUERRERO

Nach offiziellen Angaben wurden durch die in dem Gebiet herrschende Gewalt mehr als 50.000 Menschen vertrieben.[12] Im Reservat von Provincial bei Barrancas,[13] leisten Wayuu dem größten Kohlekonzern Kolumbiens, Cerrejón, Widerstand. Der Tagebau hat sich bis nahe an ihre Siedlung herangefressen und ist vermutlich Grund für etliche umweltbedingte Krankheiten in der Gemeinschaft.[14]

Wayuu-Kinder: QUELLE:RADIO MACONDO

 

Die alarmierende Situation der Wayuu-Indigenen in Kolumbien hat sich seit 2016 wegen der hohen Kindersterblichkeit im nördlichen Departamento La Guajira dramatisch verschlimmert. Allein 2016 sind 81 Wayuu-Kinder durch Krankheiten, Mangelernährung und Dehydrierung umgekommen. Das bedeutete eine Verdopplung im Vergleich zu 2015, als 37 indigene Kinder gestorben waren. Insgesamt sind in den letzten neun Jahren circa 6.000 Wayuu-Kinder durch Mangel gestorben.

Bergbau Bergbau El Cerrejan ausgesetzt Bergbauprojekt in La Guajira | Bucaramanga bucaramanga.extra.com.co

Für die humanitäre Krise in La Guajira machen Menschenrechts- und Umweltorganisationen seit langem die Regierung und die Kohlekonzerne verantwortlich. Die Kohleförderung in dem 69.000 Hektar großen Tagebau El Cerrejón, die nun 30 Jahren andauert, hat einen extremen Mangel an Wasser verursacht und damit die Landwirtschaft, Ziegenzucht und Fischerei, von denen die Wayuu früher lebten, zerstört. El Cerrejón hat sich außerdem frühere Lebensräume der Gemeinden angeeignet und den Vertriebenen so den Zugang zu ihrer traditionellen Nahrungsversorgung versperrt. El Cerrejón verwendet täglich mehr als 17 Millionen Liter des lokalen Wassers, während jeder Einwohner durchschnittlich über 0,7 Liter von nicht trinkbarem Wasser pro Tag verfügt. Laut den indigenen Gemeinden sind mehrere Bäche wegen der Gewinnung von Steinkohle verschwunden, andere hat die Mine kontaminiert oder umgeleitet.

Dazu kommt die Erderwärmung, El Niño und der Klimawandel haben die Fähigkeit des Stammes beeinflusst, eine nachhaltige Landwirtschaft zu schaffen. Dürren lassen Pflanzen vertrocknen und Tiere an Austrocknung sterben. Der Stamm muss mehr kaufen, um seine Grundbedürfnisse zu decken, die derzeit ihre Mittel überwiegen. Besonders markant ist, daß im Venezuelanischen Teil des Volkes. Diese verließen sich auf die subventionierten Lebensmittelgeschäfte der venezolanischen Regierung, um zu überleben und Reis, Zucker und Kaffee zu kaufen. Aufgrund der jüngsten Ereignisse ist dies jedoch unmöglich geworden, was zu Mangelernährung in den Gemeinden geführt hat, die nicht die Mittel haben, Produkte aus Kolumbien zu kaufen.

Nutztiere El Niño bedroht zunehmend das indigene Volk der Wayúu, aus Latina Press

Unterernährung ist nicht das einzige Problem, das die Gemeinden heute haben. Die Bevölkerung hat keine Alternativen, um ihre Existenz zu sichern. Die Arbeitslosenquote liegt bei 46 Prozent. Ebenso mangelt es an Schulen. Fehlende Schulausbildung, Arbeitslosigkeit führt dazu das viele junge Menschen sehr ungebildet sind, so daß viele Jugendlichen nur ihre Muttersprache des Stammes sprechen. Krankenhäusern und Gesundheitsstationen fehlen. Grund dafür ist zum einen die geringe Besteuerung der Bergbauunternehmen in Kolumbien und zum anderen die Korruption der lokalen Politiker, die sich im Fall von La Guajira bei den Förderabgaben von Cerrejón seit Jahren privat bedient haben. Dies führt zu einer Reihe von Problemen wie Gewalt in der Familie, Raub, Mord, Straßenblockaden, Gebühren für Touristensteuer, Schulabbruch für Kinder und Alkoholsucht.

Händlerin Wayuu bietet ihre Ware an, aus www.molago.de

Die Wayuu kämpfen seit Jahrhunderten um ihre Rechte, und nun wird ihre Lebensweise bedroht, durch die Zerstörung ihres Lebensraums, ohne dass sie selbst dafür verantwortlich sind.

 

Heute ist der Stamm auf der Suche nach Nachhaltigkeit; Der Stamm der Uribia ist bestrebt, den Tourismus zu nutzen, um seine Lebensbedingungen zu verbessern, indem er den Besuchern ihre Gemeinschaft ermöglicht und einen Einblick in ihre Traditionen, Kulturen und bunten Feste bietet. Besucher zu den Stämmen zu bringen, bietet auch die Möglichkeit für Einzelpersonen, Textilien und Keramiken zu verkaufen, einschließlich der berühmten Mochila Taschen, Hängematten und Decken der Wayuu, die von den Frauen des Stammes gemacht werden, die erfahrene Weber sind und geschickt in der Schaffung von Handwerk.

1Ethnologue-Lexikon:Wayuu-a language of Columbia 2018, abgerufen am 7. April 2021 (englisch).

2Langwhich-Lexikon von Ingmar Eschli: Goaxiro Abgerufen am 7. April.  2021 (inklusive Infos zum Volk).

32006:R. Daus:La Guajira: Wie ein wildes Land erzählt wird, Ursula Opitz Verlag, Berlin 2006, S. 12.

4Daus 2006, S. 12.

51988:R. A. Mansen: Dispute Negotiations among the Guajiro of Colombia and Venezuela: Dynamics of Compensation and Status.University Microfilms International, Michigan 1988 (englisch). Mansen, S. 95.

6Daus 2006, S. 16 ff.

71987:M. Perrin:The Way of the Dead Indians. Guajiro Myths and Symbols(=Texas Press Sourcebooks in Anthropology.Band 13). University of Texas Press, Austin 1987 (englisch).S. XI.

8Perrin 1987, Kapitel 14.

9J. Armstrong, Handbook of South American Indians (=Smithsonian Institution. Bureau of American Ethnology. Bulletin 143). Band 4:The Circum-Caribbean Tribes. United States Government Printing Office, Washington 1948 (englisch), S.374

9Katherine Klemenz: Der Wayuu-Taschen-Markt: Kunst versus Kommerz. In: Verein Mama Tierra.2.Februar 2016, abgerufen am 08.April 2021.

10Perrin 1987, Kapitel 13.

11Armstrong, Métraux 1948, S. 378.

12Perrin 1987, Kapitel 14

13Armstrong, Métraux 1948, S. 378–379

14Perrin 1987, S. 80–81

15Mansen 1988, S. 138.

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Aktualisiert: 02.07.2024

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